Die Reportage von einem Treffen der Stipendiaten des re:constitution-Programms! ist im AufRuhr Magazin erschienen.
Auszug
Berlin-Grunewald. Mildes Herbstlicht lässt die bunten Baumkronen vorm Fenster leuchten. Drinnen, im Seminarraum des Forums Transregionale Studien, wurde in den vergangenen drei Tagen viel nachgedacht. Inmitten von Flipcharts und Karteikarten soll es jetzt noch einmal ernst werden: Ein gutes Dutzend Rechtsexpert*innen aus ganz Europa diskutiert, ob Forschung eine gesellschaftliche Wirkung haben muss oder zumindest darauf abzielen sollte. Eine dieser großen Grundsatzfragen – und das direkt nach dem Lunchbuffet.
„Ich war immer ein Praktiker, das ist mir wichtig“, sagt Marcin Mrowicki. Er ist als Anwalt im polnischen Justizministerium tätig und lehrt an der Universität Warschau. „Es ist sinnlos, Forschung ohne sozialen Impact zu betreiben“, ist er überzeugt. In friedlichen Zeiten könne Wissenschaft im Elfenbeinturm stattfinden, doch „in Krisenzeiten müssen wir Verantwortung übernehmen – auch wenn das risikoreich für unsere Neutralität sein kann“.
Sollten Wissenschaftler*innen also öffentlich Position beziehen, gar politisch sein? Die Runde ist unentschieden. Schließlich liege es im Wesen von Wissenschaft, etabliertes Wissen stets zu hinterfragen, wendet jemand ein. Jennifer Orlando-Salling sieht darin keinen Widerspruch. „Als Forscher*innen sollten wir Position beziehen und sie falls nötig auch ändern“, sagt sie. „Wichtig ist dabei, immer so ehrlich und transparent wie möglich zu sein.“ Jennifer Orlando-Salling ist Malteserin und forscht an der Universität Kopenhagen. Sie meint: „Wissen ist immer politisch, und Schweigen ist nicht neutral. Schweigen bedeutet Einverständnis.“